Seit gestern sind die Olympischen Winterspiele 2022 im Gange. Knapp war die Entscheidung 2015 beim IOC, dem Internationalen Olympischen Komitee, als 44 von 84 Funktionären für die Austragung der Winterspiele 2022 in Peking stimmten. Ob es die richtige Entscheidung war, wird sich noch zeigen, denn bereits vor Beginn der Spiele werden immer mehr kritische Stimmen laut. Die Athleten beklagen sich über die Bedingungen vor Ort, während den Organisatoren von internationalen Journalisten Behinderung bei der Berichterstattung vorgeworfen wird. Und ganz aktuell wurde auch noch die digitale Sicherheit der Athleten und Athletinnen angeprangert. Bei Snowplaza erfährst du die Hintergründe zu der Kritik.
Hoher Wasserverbrauch für den Kunstschnee
Bei Olympia 2022 in Peking werden zum ersten Mal in der Geschichte der Olympischen Winterspiele alle Sportstätten zu 100 % mit Kunstschnee ausgestattet. Dieser wird im winterlichen Hochleistungssport zwar überall eingesetzt, aber selten ohne eine natürliche Grundlage, wie in Peking. Dadurch ist der Bedarf drei- bis viermal so hoch wie bei alpinen Austragungsorten. In Sachen Nachhaltigkeit ist es, laut der Geografin der Universität Straßburg, Carmen de Jong, reiner Wahnsinn, Winterspiele an einem Ort ohne natürlichen Schnee stattfinden zu lassen. Der Wasserverbrauch für die Kunstschneeproduktion sei einfach nicht zu rechtfertigen. Durch die nahe geografische Lage Pekings zur Wüste Gobi, herrscht in Chinas Hauptstadt eher ein Wüsten- und Steppenklima mit extremer Trockenheit. Laut de Jong ist die Wasserverfügbarkeit von Peking und Umgebung eine der niedrigsten in ganz China, was den immensen Wasserverbrauch für die Produktion von künstlichem Schnee noch kritischer erscheinen lässt.
Menschenrechtsverletzungen in China
Dass die chinesische Regierung im nordwestlichen Landesteil Xinjiang systematisch die Rechte ethnischer Minderheiten wie der Uiguren und anderer muslimischer Gruppen verletzt, lässt außerdem Menschenrechtsorganisationen zum Sturm blasen. Zumretay Arkin vom Weltkongress der Uiguren, mit Sitz in Deutschland, äußert sich dazu kritisch: "Die olympische Fackel steht eigentlich für Frieden und Hoffnung. Aber für unser uigurisches Volk, das unter der Kontrolle der brutalen Kommunistischen Partei Chinas lebt, steht die Fackel für etwas anderes: für eine weltweite Komplizenschaft mit Chinas extremem Unterdrückungssystem." Wolfgang Büttner, Sprecher der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, fordert deswegen vom IOC eine klare Position zur Lage der Menschenrechte in China und für die Sicherheit aller teilnehmenden Athletinnen und Athleten zu sorgen.
Kritik der Olympioniken
Wachposten, Zäune, Mauern und Kameras wohin das Auge reicht - Im Zentrum von Yanqing, wo die Bob-, Skeleton- und Ski-Alpin-Wettbewerbe stattfinden, steht eine vollständig abgeriegelte Hotelanlage - das olympische Dorf. Der deutsche Bobfahrer Johannes Lochner kritisiert: "Es ähnelt einem offenen Vollzug, einem Gefängnis. Es gibt viele Wachleute, überall stehen Menschen rum und passen auf. Die stehen einfach da und gucken." Die strengen Sicherheitsmaßnahmen werden von den Organisatoren mit Corona Auflagen begründet. Auch der dreifache Olympia-Sieger Georg Hackl kritisierte die Olympischen Spiele 2022, aufgrund der weltweiten Pandemie, im Vorfeld mächtig. Ein zu großes Risiko sei Chinas drastischer Umgang mit Corona und die hohe Infektionsgefahr. Ganz abgesehen davon, dass der gesamte Wettbewerb durch erkrankte Athleten, die nicht antreten können, beeinflusst werden könnte.
Freie Meinungsäußerung?
Generell sollten sich ausländische Sportler und Sportlerinnen mit ihrer öffentlichen Kritik an China besser zurückhalten, so die Empfehlung des Vereines „Athleten Deutschland“, nachdem die chinesische Führung mit Konsequenzen gedroht hat. „Jede Äußerung, die dem olympischen Geist entspricht, wird geschützt sein. Jede Aussage oder jedes Verhalten, das gegen den olympischen Geist, vor allem aber gegen chinesische Gesetze und Regularien verstoßen, werden Konsequenzen haben", warnte Yang Shu, Mitglied des olympischen Organisationskomitees.
Sichere Kommunikation?
Eine weitere, fragwürdige Maßnahme zum Schutz vor Corona ist die App „My2022“, die alle AthletInnen, um überhaupt an den Spielen teilnehmen zu dürfen, auf ihrem Handy installieren müssen. Die App sammelt sensible Daten, zum Beispiel über den Gesundheitszustand der Sportler und Sportlerinnen, ist aber nicht besonders sicher, sodass sich dadurch die gesamten Interaktionen des Handys überwachen lassen. Dirk Schimmelpfennig, Chef de Mission für die Olympischen Spiele in Peking, warnt aus diesem Grund alle TeilnehmerInnen: „Wir empfehlen unseren Athleten, ihre privaten Handys und Laptops in China nicht zu nutzen“.
Uneingeschränkte Berichterstattung ist nicht möglich
Ausländische Journalisten beschweren sich jetzt schon, nicht „frei“ von den Olympischen Spielen berichten zu können. Die chinesischen Sportlerinnen und Sportler und auch ihre Trainer sind ebenso abgeschottet, wie das gesamte Olympische Dorf und die Wettkampfstätten, die vorab und zum Teil auch während der Spiele nicht besichtigt werden dürfen. Um das auszugleichen, wird den Vertretern der internationalen Presse gerne nur die schillernde Seite der Spiele gezeigt.
Ein Boykott, der keiner ist?
Aufgrund der Pandemie sind dies sowieso keine Olympischen Spiele im klassischen Sinne, bei denen sich Menschen aus aller Welt treffen, sondern ganz normale Wettkämpfe unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ja, die Wettbewerbe sollen stattfinden, aber Kritiker fordern einen politischen Boykott der Spiele. Politiker aus aller Welt sollten ein Zeichen gegen das „Schweigen“ des IOC zu den Vorfällen im Rahmen der Spiele und zur Lage in China setzten. Ist es aber wirklich ein Boykott, wenn, aufgrund Chinas strenger Anti-Corona-Politik und drohender Zwangsquarantäne, hochrangige Politiker und Funktionäre dies als Grund vorschieben können, um nicht teilzunehmen?
Corona & Olympia
China fährt eine strenge No-Covid-Politik, um einen größeren Corona-Ausbruch vor den Winterspielen zu vermeiden. Bereits seit Mitte November 2021 müssen alle Personen, die nach Peking einreisen wollen, einen negativen Corona-Test vorweisen, der nicht älter als 48 Stunden sein darf. Aus diesem Grund werden auch die Athleten und Spielstätten der Winterspiele komplett abgeschottet. Teilnehmende SportlerInnen müssen vollständig geimpft sein oder vorab drei Wochen in Quarantäne, um bei dem Wettbewerb dabei sein zu dürfen. Sie dürfen das olympische Dorf und die Wettkampfstätten nicht verlassen, um das Land, seine Kultur und die Menschen dort kennenzulernen, und werden außerdem täglich mit PCR-Tests getestet. Aufgrund der weltweiten Corona-Lage dürfen ausländische Fans an den Olympischen Winterspielen in Peking leider nicht teilnehmen.
Durch die andauernde Corona-Pandemie kann es aktuell zu Änderungen bei den Mannschaftsaufstellungen und den teilnehmenden AthletInnen kommen. Hier findest du immer die aktuellsten Informationen.
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