Die Corona-Krise betrifft uns alle, auch die kleinen und großen Tourismusbetriebe. Seit Montag sind auch die deutschen Grenzen dicht. Winterurlauber durften noch ausreisen, die Gastgeber bleiben mit leeren Betten zurück. Das sind die Fakten, die persönlichen Schicksale bleiben jedoch meistens im Schatten der allgemeinen Berichterstattung zurück. Doch sind es genau die, die mir in den letzten Tagen im Kopf umherschwirren. Schicksale wie das von Raphaela und ihrer Familie in Südtirol, die einen kleinen Bauernhof mit Übernachtungsmöglichkeit im Vinschgau betreiben, ohne Zweifel eine meiner Lieblingsadressen in den Alpen. Ein herrliches ruhiges Tal, fernab der Hektik des Alltags. Ich habe Raphaela heute Vormittag am Telefon gesprochen und das ist ihre Geschichte.
Unterlutaschghof in Schlinig, Vinschgau
Vor zwei Jahren wollte ich in den Skiurlaub nach Südtirol und suchte dafür noch spontan eine Unterkunft. Dabei bin ich auf den kleinen Bauernhof von Raphaela und ihrer Familie gestoßen, der sich in der Nähe der Skigebiete Watles undNauders befindet und vom Reschenpass aus erreichbar ist. Insgeheim liebe ich Ferien auf dem Bauernhof – weg vom Massentourismus und die Ruhe der Berge in einer intimen Umgebung – da ist mein Herz daheim. Deswegen fühlte ich mich auf vom ersten Moment an im Unterlutaschghof zu Hause: ein traditioneller Bergbauernhof mit einem etwas moderneren Gebäude kombiniert, wo sich dann auch Zimmer befinden. Die Familie war mir auch gleich sympathisch. Auf den Tisch kommen hauptsächlich hausgemachte Produkte wie Käse, Milch, Yoghurt, Brot und Fleischwaren. Innerhalb von 10 und 30 Minuten befindet man sich auf den Skipisten der umliegenden Skigebiete. Ich als Tourengeher, konnte meine erste Tour gleich vom Garten aus beginnen. Das ist für mich einfach der ideale Urlaubsort!
Von 120% nach 0 an nur einem Tag
Raphaela fällt gleich zu Beginn des Gesprächs mit der Tür ins Haus: „Es ist einfach unglaublich, Miranda. Geschäfte, Restaurants, Friseure, Bars… alles ist geschlossen. Um meine Mutter zu sehen, muss ich eine Gesundheitserklärung bei mir haben, wenn ich ihn besuche. Meinen täglichen Bedarf bestelle ich telefonisch und der Supermarkt liefert. Seit letzter Woche bleiben uns nur leere Betten. Monate lang arbeitest du mit 120 % Einsatz und plötzlich steht eine 0 bei der Bettenbelegung. Putzen muss ich nur noch meine Privaträume und das Frühstück bereite ich nur noch für meine drei Kinder und meinen Mann zu.“ Die Kinder finden die Situation einfach super, teilt mir Raphaela mit: „Sie fühlen sich wie im Urlaub, sind den ganzen Tag daheim und ich habe mehr Zeit für sie als normal. Das macht auch mir eine Riesenfreude!“
Keine Infektionen im Vinschgau
„Es gibt hier in der Region auch überhaupt keine Ansteckungen. Das macht die Situation auch so schwierig. Aber wir begreifen die Maßnahmen der Regierung. Die gelten anscheinend bis zum 3. April, wobei ich mir um Ostern und Pfingsten Sorgen mache. Das sind die Tage, zu denen wir normal ausgebucht sind. Die ersten Buchungen stehen momentan erst wieder im Juni an. Das ist noch immer eine sehr lange Zeit und ich will nicht wissen, wieviel Geld uns das kostet… Es ist auch so still im Haus. Dennoch weiß ich, dass die Gesundheit von mir und meiner Familie im Moment das Wichtigste ist.“ Ich verstehe das voll und ganz, dennoch frage ich mich dann doch wie man mit Gesundheit eine Hypothek abbezahlen soll.
Buchungen stehen lassen
„Gerade werden alle Buchungen für die kommende Zeit zurückgenommen. Auch die nach dem 3. April, obwohl man ja auch seine Buchung bis zum letzten Tag stehen lassen und gratis stornieren könnte, zumindest bei uns. Für den Sommer sieht es auch nicht gut aus. Viele denken gerade nicht wirklich an Urlaub und wollen erst gar nichts planen. Für uns bedeutet das nichts Gutes, weil wir auf unsere Gäste angewiesen sind, um zu überleben. Natürlich müssen jetzt alle daheim bleiben, um dem Virus keine Chance zu geben sich weiter auszubreiten. Dennoch muss das Leben irgendwann weitergehen. Das hoffen wir zumindest. Bis dahin machen wir einfach das Beste daraus.“
Urlaubspläne machen
Als ich auflege, muss ich das Gehörte erst einmal verarbeiten. Ich habe schon etwas in der Art erwartet, aber dass es so traurig wird, hatte ich mir auch nicht vorstellen können. Aus den Geschichten, die ich von Raphaela bei einem guten Glas Wein in der Küche gehört habe, weiß ich, dass diese Familie richtig hart für ihren Traum gearbeitet hat. Raphaela hat während des Aufbaus sogar noch abends in einem Restaurant gearbeitet, um sich etwas Geld dazuzuverdienen. Ich finde, dass wir alle diese Schicksale ernst nehmen sollten und für unsere Lieblingshotels und -gasthäuser einstehen sollten, d.h. Urlaubspläne machen, buchen und abwarten wie sich die Situation weiterentwickelt. Vielleicht kehren wir ja sehr bald wieder in die Normalität zurück und dann sind wir richtig glücklich, dass wir doch wieder in den Ski- oder Sommerurlaub fahren können.